Wie Führungskräfte wichtige Impulse setzen können
Während unserer Arbeit vor Ort werden wir als Trainerinnen immer wieder mit Problemfeldern unserer Auftraggeberinnen und Auftraggeber konfrontiert. Eine Herausforderung, welche unsere Führungskräfte immer wieder beschäftig: Wie gehe ich mit Personalausfällen um? Wir gehen einen Schritt weiter und stellen die Frage in den Raum: Lassen sie sich vielleicht sogar verhindern?
Ein Personalwechsel ist mit Kosten verbunden
Dem Ringen um Fachkräfte kommt im Einzelhandel nach wie vor eine hohe Bedeutung zu. So stehen in einer Erhebung von 2024 die Verkaufsberufe auf dem zweiten Platz der Berufsfelder mit den am meisten gemeldeten offenen Arbeitsstellen (Quelle: statista). Umso wichtiger ist es, die bestehenden Mitarbeitenden zu halten und bestenfalls zu fördern. Man schätzt, dass eine gesunde Fluktuationsrate bei 8-12% liegt (Quelle: master.ch). In der Arbeitsrealität liegt sie jedoch im Durchschnitt etwa bei 30%, im Handel liegt sie tendenziell besonders hoch.
Sind Angestellte unzufrieden, fällt es ihnen auf Grund der Situation am Arbeitsmarkt meist nicht schwer, eine neue Stelle zu finden. Für das Unternehmen ist ein derartiger Wegfall der Arbeitskraft jedoch mit hohen Kosten verbunden, die sich mit den richtigen Maßnahmen unter Umständen verhindern ließen.
Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass die Kosten pro Fluktuationsfall zwischen 90 und 200 Prozent des Jahresgehalts (brutto) der ausscheidenden Mitarbeiter liegen (Quelle: sage.com). Neben den direkten Kosten für die Suche nach neuem Personal und dessen Einarbeitung, schlagen auch indirekte Kosten wie Überstunden des bestehenden Personals und steigende Unzufriedenheit im Unternehmen zu Buche. Stellt sich die Frage, ob ein Teil der Kosten nicht besser in Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung investiert wären? Das Marktforschungsinstitut Gallup schätzt, dass unmotivierte Mitarbeiter die deutschen Unternehmen rund 124 Milliarden Euro kosten – eine Summe, die es wert ist, hinterfragt zu werden.
Quiet Quitting oder wenn der Kopf schon gekündigt hat
Nicht immer verlassen Mitarbeitende bei Unzufriedenheit sofort das Unternehmen, was jedoch nicht heißt, dass ihre Arbeitsleistung konstant zur Verfügung steht. Mit sinkender Motivation bestimmen Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeber manchmal selbst, wieviel Leistung sie dem Unternehmen zugestehen, und schöpfen nicht ihr volles Potential aus. Hohe Krankenstände sind ein Warnhinweis, dass etwas im Argen liegt. Geringe Motivation spiegelt sich am Ende in den Umsätzen wider.
Aber selbst, wenn die Mitarbeitenden anwesend sind, haben sie sich mental und emotional bereits soweit von ihrer Tätigkeit distanziert, dass ein aktives Einbringen in den Arbeitsalltag ausbleibt oder sogar ein Leistungsabfall zu verzeichnen ist. Die innere Kündigung geht der tatsächlichen oft voraus, die Mitarbeitenden harren dann nur noch aus, bis ein neuer Arbeitsplatz gefunden wird. Anders beim Quiet Quitting – einem viel diskutierten Begriff, der derzeit die Runde macht: Hier sind die Mitarbeitenden grundsätzlich bereit, Leistung zu zeigen und stehen hinter ihrem Job – allerdings nur im vertraglich vereinbarten Maß. Zusatzleistung wird zugunsten der privaten Freizeit zurückgestellt.
Gründe für den Arbeitsausfall
Egal, ob die Mitarbeitenden kündigen oder ihr Einsatz merklich zurückfällt: In allen Fällen bedeutet das einen Verlust für das Unternehmen. Da die Verkaufsleistung des Personals die primäre Umsatzquelle für Einzelhandelsunternehmen darstellt, wird ihr ein elementarer Stellenwert zugeschrieben und so sollten auch die Mitarbeitenden gesehen werden: als zentraler Erfolgsfaktor für das Unternehmen. Es lohnt sich daher, genauer hinzusehen und die Gründe dafür herauszufinden, wie z.B.:
- Eine zu hohe Arbeitsbelastung der einzelnen Mitarbeitenden
- Eventuelle Unter- oder Überforderung bei den Aufgaben
- Unstimmigkeiten oder schlechtes Klima im Team
- Private Belastungen einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
- Wenig Anerkennung und Wertschätzung der Führungskräfte
Denn: Geeignete Mitarbeitende zu finden, ist eine Herausforderung. Gute Mitarbeitende zu halten, muss daher das Ziel sein und genau das ist häufig mit einem Zeitaufwand verbunden. Die Erfahrung während unserer Arbeit zeigt häufig, dass Führungskräfte ihren Führungsaufgaben nicht nachkommen können, da sie im Verkaufsalltag immer wieder für Ausfälle der Mitarbeitenden am POS einspringen müssen. Organisatorische Tätigkeit wie etwa die Büroarbeit wird dann außerhalb der regulären Öffnungszeit durchgeführt. Langfristig sorgt das für eine Überbelastung der Führungskräfte.
Was ist zu tun?
Rita Katharina Biermeier kennt aus ihrer langjährigen Tätigkeit im Einzelhandel derlei Situationen gut: „Erst kürzlich habe ich während eines Einsatzes bei Kunden erlebt, wie entscheidend das richtige Feedback sein kann. Als ein Mitarbeiter zu spät zur Arbeit erschien und ich dessen Führungskraft darauf ansprach, erwiderte dieser nur: Wenn ich den Mitarbeiter darauf anspreche, macht das nur schlechte Laune und er meldet sich am Montag krank … Also hat er ihn nicht darauf angesprochen, weil er die Stimmung im Team nicht aufs Spiel setzen wollte.“ Dass dies keine befriedigende Lösung sein kann, weiß Rita Katharina Biermeier und spricht den Mitarbeiter darauf an:
Ich habe soeben mitbekommen, dass Sie vor 15 Min. mit Ihrer Arbeit begonnen haben. Das waren 30 Min. später laut Ihrer PEP-Einteilung. Mir ist wichtig Herr XY, dass Sie pünktlich kommen, wenn ich zum Training bei Ihnen vor Ort bin. Dadurch hat jeder Ihrer Kollegen die Chance auf das Training. Bitte kommen Sie zukünftig pünktlich.
War die Sache damit erledigt? Mehr noch, berichtet Rita Katharina Biermeier: „Er kam sogar später zu mir und sagte, wie cool er es fand, dass ich ihm das nochmal gesagt habe.“
Eine alternative Formulierung für Führungskräfte könnte sein:
Ich habe anhand der Zeiterfassung gesehen, dass Sie heute 30 Min. zu spät zur Arbeit erschienen sind. Ich finde es sehr gut, dass Sie gestern Abend kurz vor Geschäftsschluss die Kunden in aller Ruhe zu Ende bedient haben (nur, wenn dem natürlich so ist). Wichtig ist mir, dass ebenso die Arbeitszeiten am Vormittag (Schichtwechsel) eingehalten werden. Dadurch ist die Fläche besetzt (Kundenservice und Diebstahlprävention) und auch Ihre Kollegen können pünktlich zur Pause, sodass ein reibungsloser Tagesablauf garantiert ist. Bitte achten Sie in Zukunft darauf, 10 Minuten vor Arbeitsbeginn da zu sein.
Mitarbeitende, die motiviert sind und eine Bindung an das Unternehmen empfinden, sind leistungsbereiter. Diese Bindung entsteht jedoch weder von allein noch über Nacht. Der Mensch ist ein soziales Wesen, weswegen Wertschätzung und Anerkennung wichtige Motivationsfaktoren darstellen. Regelmäßige Feedbackgespräche und eine ausgewogene Kommunikation signalisieren den Mitarbeitenden, dass sie für den Arbeitgeber wichtig sind.
Kam der angesprochene Mitarbeiter deswegen nie mehr zu spät? Leider nein. In diesem Fall rät Rita Katharina Biermeier bis zu drei Mal ein Feedbackgespräch zu führen, beim vierten Mal ist es ein Kritikgespräch: „Feedback gebe ich immer, damit jemand die Chance hat, sein Verhalten zu optimieren. Wenn jemand etwas Gutes macht, gebe ich Feedback, um das Verhalten dauerhaft zu verstärken. Wenn jemand etwas Negatives tut, dann weise ich den- oder diejenige darauf hin in der Hoffnung, dass es zu einer Verhaltensänderung kommt. Feedback greift natürlich nur, wenn es auf der zwischenmenschlichen Ebene keine Störungen gibt. Dann sollten Einzelgespräche erfolgen.“
Was sind die Aufgaben einer Führungskraft?
„Feedback ist für mich eines der wichtigsten Führungsinstrumente – allerdings verwechseln viele Führungskräfte Feedback mit Kritik“, erläutert Rita Katharina Biermeier. „In einer Umfrage, die ich kürzlich unter Mitarbeitenden gemacht habe, antworteten auf die Frage, was sie sich von ihrer Führungskraft wünschen würden, die meisten: Ich fände es gut, wenn meine Führungskraft mir sagen würde, was ich nicht so gut mache, damit ich die Chance habe, mich zu verbessern.“
Führungskräfte haben einen Führungs-, aber keinen Erziehungsauftrag. Auffälliges Verhalten seitens der Mitarbeitenden, wie z.B. Fehlzeiten hauptsächlich an Montagen oder zum Wochenende hin, sind ärgerlich, jedoch kann zu forderndes Verhalten die Situation noch verstärken. Bei gezielten Nachfragen in geschützte Umgebung lassen sich bessere Lösungen finden: „Oft sind es die kleinen Dinge, welche Mitarbeitende motivieren oder herunterziehen. Wenn ich die jedoch nicht kenne, kann ich nicht handeln“, sagt Rita Katharina Biermeier. So lässt sich bei zeitweiliger privater Belastung womöglich durch Stundenreduktion ein kompletter Ausfall der Arbeitskraft verhindern.
Was macht gute Führung aus?
Rita Katharina Biermeier hierzu konkrete Vorstellungen: „Wenn wir unseren Mitarbeitenden die notwendige Anerkennung geben, Vertrauen schenken und ihnen regelmäßig wertschätzendes Feedback geben, haben wir bereits eine gute Führungsbasis geschaffen. Darüber hinaus sollten wir den Mitarbeitenden realistische Ziele setzen und nicht überfordern. Damit sie die Ziele erreichen und auch die Verantwortung übernehmen, benötigen sie von uns den Freiraum. Dabei ist es wichtig, ihre persönlichen Fähigkeiten zu berücksichtigen. Ich sollte als Führungskraft „Probleme“ erkennen und mit dem Mitarbeitenden darüber sprechen. Es ist essentiell, die Mitarbeitenden über Projekte und Änderungen zu informieren und sie im besten Fall mit einzubinden. Führung ist kein kurzfristiger Prozess, sondern vielmehr eine Daueraufgabe, die sich Führungskräfte im stationären Einzelhandel täglich verinnerlichen sollten.“
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